Nicole Lievert
Brückenbauerin & Geschichtenerzählerin
Brückenbauerin & Geschichtenerzählerin
Bereits zu Beginn der Geokultur Ausbildung erzählten uns unsere Ausbilder, dass am Ende eine Visionssuche, also eine Auszeit fastend allein in der Natur erfolgen würde. Hierauf freute ich mich die gesamte Ausbildungszeit über und ich konnte es kaum erwarten, diesen Weg einer neuen Erfahrung gehen zu können.
Ich möchte Dich einladen, mich Revue passieren lassend nochmals auf dieser Reise zu begleiten, welche im Oktober 2017 in Sachsen startete. Mit meinem Auto fuhr ich zunächst nach Nürnberg, wo eine Ausbildungsteilnehmerin wohnte. Wir tauschten die Autos und fuhren am gleichen Tag bis nach Lindau am Bodensee und übernachteten hier in einem gemütlichen Hostel, dem Mietwerk-Bed & Breakfast Lindau.
Nach einem leckeren Bio-Frühstück tags darauf setzten wir unsere Fahrt nach Italien fort. Die Schweiz zu durchqueren war für mich bereits ein Erlebnis der besonderen Art. Diese Schönheit und die ausgestrahlte Kraft der Berge trug eine gewisse Magie mit sich, welche ich nur schwer in Worte kleiden kann.
Als wir unser Ziel, das Centro d’Ompio oberhalb des Ortes Orta erreicht hatten, tauchte ich in eine völlig neue Welt ein. Die gesamte Ausbildung über hatte ich diesem Seminar regelrecht entgegen gefiebert und nun stand ich tatsächlich dort, italienische Erde unter meinen Füßen, umringt u.a. von Bambushainen, Palmen und jeder Menge Maronenbäumen.
Für die ersten Tage bezogen wir als Seminarraum den sogenannten Dom, einem wunderschönen Kuppelbau aus Holz, eingebettet in die dortige lebendige Natur.
Im Folgenden nutze ich meine Aufzeichnungen, um Dich an den Erlebnissen dieses Seminares teilhaben zu lassen.
Sonntag, 01.10.2017
An diesem Tag stand die 1. Medizinwanderung auf dem Programm. Mein Weg führte mich durch den Wald, den steilen Weg nach oben zum Croce Monte Barro, zum imposanten Kreuz auf der Bergspitze des Monte Barro (Der Monte Barro ist ein isolierter Berg in den Lombardischen Voralpen mit einer Höhe von 922 m über dem Meeresspiegel.)
Oben am Croce angelangt wurde ich beschenkt mit einer traumhaften Aussicht und einem Weitblick auf die umliegenden Berge, den See und die idyllischen Ortschaften unterhalb des Monte Barro. Auf meinem weiteren Weg begegnete mir ein schwarzer Salamander mit gelben Mustern, ein Feuersalamander.
Am Nachmittag folgte eine 2. Medizinwanderung mit dem Thema Westen, bevor wir am Abend gemeinsam das Abendessen und die gute italienische Küche genossen.
Der Feuersalamander wird als Aktivator der eigenen Schöpferkraft angesehen sowie als Öffner des Tores zur Traumwelt. Als Krafttier zeigt uns der Salamander im übertragenen Sinne, wie wir unseren Verstand (Element Erde) mit unseren Gefühlen (Element Wasser) in Einklang bringen und durch diese Verbindung neues Erschaffen (Element Feuer) können. Darüber hinaus ist der Feuersalamander eines der 4 Elementarwesen aus dem Naturreich und gleichzeitig Hüter des Feuers, gleichsam dessen Element Feuer ist. Diesem Krafttier wird u.a. Schöpferkraft, Wärme und die Reinigung mit Hilfe des Feuers als Fähigkeiten zugeschrieben.
(siehe auch schamanische-krafttiere.de)
Am darauffolgenden Montag erhielten wir u.a. eine Einführung, wie wir unsere Schutzplane korrekt mit einfachen Mitteln, z.B. mit Hilfe von Stöckern und Steinen sicher über unserer Hängematte befestigen konnten.
Die üblichen Regeln für die 48-stündige Auszeit wurden besprochen, beinhaltend, dass wir in jeweils kleinen Gruppen von 2 oder 3 Mitgliedern am folgenden Tag starten würden und dass wir jeweils morgens und abends an einer festgelegten Stelle ein Lebenszeichen von uns geben würden, wir wählten einen alten ausgehölten Baumstamm – am Morgen nahmen wir unseren Stein mit uns, am Abend legten wir diesen wieder zurück in die Baumschale.
Ein wesentliches Element der Vorbereitung war zudem noch, dass jedem von uns eine Art Leitspruch mit auf den Weg gegeben wurde.
„In Berührung mit meinem Herzen lade ich die Liebe in mein Leben ein.“
Anschließend gingen wir alle früh zu Bett, denn bereits um 06.30 Uhr am folgenden Tag sollte unsere Visions-Reise beginnen.
Dienstag, 03.10.2017
Um 06.30 trafen wir uns alle im Kreis um ein Lagerfeuer herum. Nacheinander wurden wir mittels Räucher Ritual für die kommenden 2 Tage aus der diesseitigen Welt verabschiedet.
In einer Dreiergruppe begab ich mich auf den Weg durch den Wald in Richtung Monte Barro, es war noch dunkel, dies und auch der schwere Wanderrucksack auf meinem Rücken inkl. Schlafsack, Hängematte, mehreren Glasflaschen Trinkwasser erschwerten den Aufstieg. Aber ich war weiterhin guter Dinge.
Oben angelangt zeigten wir einander unsere Plätze, damit jeder wusste, wo der jeweils andere war. Ich selbst war müde und K.O. Zunächst versuchte ich meine Plane aufzubauen, doch dies wollte mir nicht so recht gelingen. Meine Hängematte hingegen machte bereits einen guten Eindruck und ich legte mich zunächst hinein und versuchte zu schlafen. Im halb-stündigen Rhythmus zählte ich die Schläge der Turmuhr, deren Hall bis auf den Berg hinauf reichte. Ich döste immer wieder leicht weg und erhielt eine erste kurze Vision.
Irgendetwas leuchtet am Ende eines dunklen Ganges und eine Stimme ruft immer wieder: „Komm.“
Trotz meines warmen Schlafsacks begann ich zu frieren. Irgendwann stand ich auf, die Sonne blinzelte nun bereits durch das Blätterdach des Waldes. Nun gelang es mir auch die Plane über meiner Hängematte zu installieren. Anschließend ging ich zum Croce.
Am Gipfel des Monte Barro fühlte es sich irgendwie magisch an. Im Wald war es noch recht kühl, doch am Kreuz umwehte mich ein leicht warmer Hauch, so als würde eine unsichtbare Hand mich zärtlich streicheln. Gleichzeitig gingen mir folgende Worte durch den Kopf:
Wie sehr muss uns Mutter Erde lieben, wenn sie uns mit derart viel Reichtum an Schönheit und Fülle beschenkt?
Ich ließ meinen Blick über die Weite schweifen, es war einfach traumhaft und magisch zugleich. Dann legte ich mich hin, genoss die Sonnenstrahlen auf meinem Gesicht und schlief ein.
Ich befinde mich in einem dunklen Raum, von oben bricht plötzlich Licht herein, es könnten Sonnenstrahlen sein. Dann steht von einem Augenblick auf den anderen alles in Flammen und aus diesem Feuer wachsen Täler, Inseln, Flüsse, Wälder, Wiesen, Lagunen…
Verschiedene Visionen, kurze Sequenzen innerer Bilder wechseln sich ab mit einem Halb-Schlaf-Rhythmus.
Plötzlich sehe ich mich in einem lichterfüllten Raum, ich frage mich wo ich bin und erhalte sogar eine Antwort auf diese Frage: „Du bist in der Liebe angekommen.“
Nach dieser kurzen Vision fühlte ich mich irgendwie veräppelt und dachte mir, das konnte es doch nicht schon gewesen sein, den Berg hinauf gehen, sich auf dessen Gipfel niederlassen und zack…. ich ging zurück zu meinem Platz, holte mein Taschenmesser heraus und suchte mir ein geeignetes Stück Holz und begann zu schnitzen. Währenddessen ließ ich meine Gedanken kreisen:
Eigentlich ist es doch deutlich sichtbar, es ist einfach und liegt auf der Hand. Wenn ich bei mir selbst bin, mir bzw. in meine Fähigkeiten und meinem Wissen vertraue, dann bin ich in meiner Kraft und in meiner ganzen Liebe. Eigentlich weiß ich das doch bereits. Jetzt ist die Zeit, das Alte los zu lassen, mein Leben und vor allem mich selbst zu umarmen, mich selbst zu lieben, so wie ich bin, damit ich Liebe annehmen, spüren und schenken kann.
Diese Gedanken fühlten sich irgendwie seltsam an, nach nur einem halben Tag. Ich ging dann wieder zurück zum Croce, schnitzte dort weiter und ja, es fühlte sich irgendwie sinnlich an. Und je mehr ein Ergebnis zum Vorschein kam, desto mehr Freude empfand ich dabei.
Nachdem ich irgendwann wieder zu meinem Platz zurück gegangen war, entschied ich mich ein Ritual zu machen. Zunächst suchte ich mir eine geeignete Stelle aus, grub ein kleines Loch und sammelte einige Kastanien vom Waldboden auf. Diese Kastanien legte ich in das Loch und bat darum, dass ich all die Dinge, die mich bislang in meinem Leben ausbremsen und belasten würden, die aber aus vorherigen Leben stammten, loslassen und zurück geben zu können. Gleichzeitig bat ich darum, dass ich die Kraft und die Liebe in mir vollends entfalten können würde.
Es folgte die erste Nacht. Ich froh, es war kalt, die Geräuschkulisse beschränkte sich auf die Kirchenuhr und den Zug, deren Geräusche bis auf den Berg hinauf gelangten. Hier und dort fielen Esskastanien herunter, Fledermäuse flogen durch die Nacht und auch einige andere Geräusche, vermutlich von Tieren, ließen mich kaum ein Auge zu bekommen. Das hatte ich mir doch nun wirklich anders ausgemalt. Es war Vollmond und die Mondin sandte ihr volles Licht direkt unter meine Hängematte, beinah wie eine Kerze, dies gab mir Kraft und neuen Mut.
Der nächste Morgen begann ebenfalls kühl. Da ich kaum geschlafen hatte war ich übermüdet, ein wenig missgelaunt war ich auch. So ging ich wieder zum Croce und dachte an diesem jungen Morgen über die zurückliegenden Monate meiner Ausbildung nach. Es war eine sehr bereichernde Zeit, welche aus mir tatsächlich einen anderen Menschen gemacht hatte und mir das Tor zu meinen spirituellen Wurzeln und Gaben geöffnet hatte. Ich wechselte den Tag über zwischen Gedanken kreisen lassen, schnitzen, dösen und die wundervolle Aussicht vom Monte Barro zu genießen. Irgendwann entschloss ich mich nochmals ein Ritual für mich zu machen.
So ging ich zurück zu meinem Platz und setzte mich dort zu einem Baum, dann lehnte ich mich an diesen, schloss meine Augen und begann meinen inneren Bildern zu lauschen:
Zuerst sehe ich Wasser, es funkelt im Mondlicht. Dann taucht plötzlich eine Schlange auf, sie sieht mich mit ihren großen Augen an, züngelt und taucht dann im Wasser unter.
Aus der Schlange wird dann eine Drachengestalt, die durch das Wasser schwimmt. Von einem Augenblick auf den Anderen sehe ich nur noch Feuer, dann beginne ich zu frieren und das Feuer färbt sich bläulich wie Eis. Dieses Eis bekommt ein Gesicht und wird zu einer Fratze, kreisförmig mit scharfen Zähnen.
Ich überlege, wie ich dort hindurch komme, springen scheint mir zu gefährlich, so lege ich also meine rechte Hand auf mein Herz und strecke die linke Hand in Richtung Fratze aus. Nun löst sich um mich herum alles auf und ich befinde mich in einem blau schimmernden Raum ohne Wände, Boden oder Decke. Dann erscheint eine in weiß gekleidete Frau und spricht zu mir: „Schön, dass Du einen weiteren Schritt auf Deiner langen Reise gegangen bist.“
Anschließend löste sich das Blau um mich herum auf und ich fand mich nun in einem wunderschönen Zauberwald wieder, welcher mich, von Licht durchflutet in einem leuchtend grünen Kleid begrüßte. Zwischen sanft vom Boden aufsteigenden Leuchtkugeln entdecke ich meine drei Elfen aus dem Schwarzwald(Seminar) – Rotherz, Grünling und Blauer Felberling. Nun erschien es mir, als würden die Weiße Frau und ich uns umarmen, um dann miteinander zu verschmelzen. Am Ende umgab mich ein alles einhüllendes weißes Licht.
Was für eine (Seelen)Reise. Inzwischen war es dunkel und auch wieder kühler geworden. Die 2. Nacht war ebenso kalt und schlaflos. Am folgenden Morgen packte ich in der Dunkelheit alles zusammen und begab mich müde, frierend, hungrig aber auch glücklich diese 48 Stunden erleben zu dürfen und durchgehalten zu haben, auf den Weg zurück hinunter zum Centro d’Ompio.
Auch als ich unten ankam war es kalt. Wir wurden bereits von unseren Seminarleitern erwartet. Ein wärmendes Lagerfeuer brannte und mit einem erneuten Räucherritual wurde ich aus der Anderswelt verabschiedet und in der diesseitigen Welt begrüßt. Anschließend gab es eine heiße Tasse Tee am flackernden und knisternden Feuer. Ein unbeschreibliches Gefühl, ich hatte es tatsächlich geschafft.
Nach und nach trafen auch all die anderen ein. Nach den zwei Tagen fasten freute ich mich auf das Frühstück und die freie Zeit bis zum Zusammen Sein am Nachmittag. In der Runde erfolgten ein Austausch unseres Erlebten und eine Spiegelung dessen durch unsere Seminarleiter. Diesen sehr intensiven Donnerstag Abend ließen wir feierlich ausklingen und am Freitag wartete dann ein Ausflug auf die Insel San Giulio auf uns. Am Samstag hatten wir, völlig unerwartet, tatsächlich Freizeit und fuhren gemeinsam an einen nahe gelegenen Wasserfall, bevor es dann am folgenden Tag wieder nach Hause ging.
Wie schön Du bist,
Mutter Erde!
Beschenkst uns reich mit Zartheit und Fülle.
Du schenkst den Nebel,
der wie ein seidiges Band den Morgen und die Täler durchstreift.
Du schenkst die Berge,
die sich wie sanfte Schlangen durch die Landschaft ziehen.
Du schenkst den Wind,
der mit uns spricht und mit den Blättern spielt.
Du schenkst die Sonne,
deren wärmenden Strahlen jedes Leben zärtlich berühren.
Du schenkst das Wasser,
das schimmernd in Deinem Schoße liegt.
Du schenkst die Tiere,
die frei und fröhlich ihrer Wege gehen.
Du schenkst das Leben!
Du zauberhaftes Wesen,
Mutter Erde,
dafür danke ich Dir!
Lago d’Orta, 2017, geschrieben am Croce Monte Barro